Nach Ansicht des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall kommt auf CDU, CSU und SPD eine besondere Verantwortung zu. Sie müssen die Weichen so stellen, dass wieder wirtschaftliches Wachstum entsteht, aus dem die Schulden auch zurückgezahlt werden können.
Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf: „Wir brauchen einen Politikwechsel. Oberste Priorität aller Beteiligten in den Koalitionsverhandlungen muss nun sein, die Standortbedingungen schnell und nachhaltig zu verbessern, um die Deindustrialisierung zu stoppen und damit das Ausbluten der wirtschaftlichen Grundlagen zu beenden!“
Dazu muss ein Koalitionsvertrag zwingend vorsehen:
- Die Senkung der Energiekosten durch Reduzierung der Netzentgelte und unbefristete Reduzierung der Stromsteuer auf das EU-Minimum für Unternehmen sowie die Streichung der Gasspeicherumlage auch für alle inländischen Verbraucher spätestens ab 1. Juli 2025, um Wettbewerbsverzerrungen zu unterbinden. Die Kosten sollen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) getragen werden.
- Die sofortige vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages. Zudem muss zum 1. Januar 2026 der Einstieg in eine Reform der Unternehmenssteuern erfolgen – unter anderem durch die Senkung des Körperschaft- steuersatzes für Kapitalgesellschaften, die dauerhafte Einführung der degressiven Abschreibungsmöglichkeit von 30 Prozent, die Reduzierung des Steuersatzes auf einbehaltene Gewinne für Personenunternehmen sowie die 25-prozentige Forschungsförderung für alle Unternehmen durch eine Freigabe der Bemessungsgrundlage. Dabei gilt es grundsätzlich zu beachten, dass steuerliche Impulse für Investitionen nur dann zielführend sind, wenn sie für alle Unternehmen ohne sachfremde bürokratische Einschränkungen gelten. Denn der Markt entscheidet, welche Produkte und Lösungen sich durchsetzen.
- Die Verabschiedung eines Sofortpakets zur Stabilisierung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages, so dass ein weiterer Anstieg ab 1. Januar 2026 verhindert wird. Daraus ergibt sich, dass keinerlei Leistungs- ausweitungen der Sozialversicherungen verabredet werden dürfen oder an anderer Stelle Kompensationen erfolgen. Zudem muss kurzfristig ein Programm zur Dämpfung der Gesundheitskosten verabredet werden. Ferner sind Maßnahmen zu ergreifen, um die Sozialversicherungsbeiträge in dieser Legislaturperiode wieder auf maximal 40 Prozent zurückzuführen. Dazu bedarf es unter anderem einer großen Organisationsreform der Sozialversicherung.
- Keine Eingriffe in die grundgesetzlich garantierte Tarifautonomie durch politische Vorgaben für die Mindestlohnkommission.
Dr. Wolf weiter: „Natürlich gibt es noch viele weitere Baustellen, an denen der Standort Deutschland krankt – etwa bei der Bürokratie und der Bildung. Aber Energiekosten, Steuern und Sozialversicherungsbeiträge sind der Kern. Investitionen fließen ins Ausland, weil viele Unternehmen am Standort Deutschland nicht mehr kostendeckend produzieren können – vor allem wegen den Arbeitskosten, Energiekosten und Steuern. Was immer auch sonst im Koalitionsvertrag stehen wird: Ohne ein Stopp der Deindustrialisierung durch die genannten Punkte ist jede Verabredung ein wertloses Stück Papier und die neue Bundesregierung zum Scheitern verurteilt.“
Der Deutsche Bundestag habe am Dienstag gegen alle finanzpolitischen Bedenken der kommenden Bundesregierung mehr Spielraum gegeben. Es sei nun an ihr zu beweisen, dass die Mahnungen überflüssig waren und das Geld der kommenden Generationen nachhaltig und sinnvoll ausgegeben werde. „Es gibt noch viele Unternehmen, die ihre Standortentscheidungen nicht getroffen haben. Sie brauchen das Signal, dass sich das Durchhalten lohnt“, betonte Dr. Wolf abschließend. „Es ist völlig egal, wie viel Geld der Staat ausgibt. Solange private Investoren kein Vertrauen in den Standort haben, ist das nur ein besonders teures Strohfeuer. Es gilt: Ohne stabile Wirtschaft gibt es keine stabile Regierung.“
Hintergrund: Zur wirtschaftlichen Lage der Metall- und Elektro-Industrie
Die Neuaufträge gaben im Januar wieder spürbar nach. Im weniger schwankungsanfälligen Dreimonatsvergleich ergab sich ein Minus von 4,9 Prozent. Eine nachhaltige Stabilisierung der Nachfrage bleibt damit weiterhin aus. Mehrheitlich ist die Auftragslage unverändert schlecht, was sich in der anhaltend miserablen Bewertung von Auslastung und Auftragsbestand widerspiegelt.
Nach dem starken Rückgang im Dezember stabilisierte sich die M+E-Produktion im Januar leicht. Im Dreimonatsvergleich sank der Output um 1,3 Prozent, was den anhaltenden Abwärtstrend verdeutlicht.
Die Zahl der M+E-Beschäftigten ging im Januar deutlich zurück und lag um 71.800 bzw. 1,8 Prozent unter Vorjahr. Der Rückgang hat sich damit nochmals beschleunigt. Im Vergleich zum September 2023, dem Höchststand nach der Corona Krise, sind bereits über 100.000 Arbeitsplätze in der M+E-Industrie verlorengegangen. Fast ein Drittel der M+E-Betriebe rechnet zudem mit weiterem Personalabbau.
Die Wettbewerbsposition zum Ausland wird aufgrund der deutlich verschlechterten Standortbedingungen so schlecht wie nie zuvor eingeschätzt. Die Export- und Investitionsentwicklung blieb im Q4 2024 entsprechend miserabel. Die Standortkrise hält die M+E-Industrie in der Rezession fest.
Für 93 Prozent aller M+E-Unternehmen haben sich die Standortbedingungen in den vergangenen zehn Jahren verschlechtert. Bei den verschiedenen Standortfaktoren wird im Saldo kein einziger Aspekt mehr positiv bewertet. Die Investitionspläne in der M+E-Industrie sind entsprechend alarmierend: Jedes zweite Unternehmen will seine Investitionen in Deutschland weiter reduzieren. Fast die Hälfte davon kürzt das Investitionsbudget um mehr als 30 Prozent. Im Gegenzug wollen gut 30 Prozent der Firmen mehr im Ausland investieren.
Nur 6 Prozent der Unternehmen erwarten eine Normalisierung in 2025 und weitere 46 Prozent frühestens in 2026. Für 48 Prozent ist eine Verbesserung nicht absehbar. Dadurch beschleunigt sich die Deindustrialisierung weiter: Fast die Hälfte der Unternehmen plant Personalabbau, nur jedes achte Personalaufbau in Deutschland. Demgegenüber baut fast jedes dritte Unternehmen Arbeitsplätze im Ausland statt in Deutschland auf.