Der Fachkräftemangel – treffender eigentlich Fach- und Arbeitskräftemangel – ist zweifellos eines der größten Probleme in den kommenden Jahren, nicht nur für die M+E-Industrie, sondern für unser ganzes Land. Die Wertschöpfung der Industrie und damit der Sozialstaat und der Wohlstand insgesamt hängen entscheidend davon ab, ob es gelingt, Problemen wie Klimawandel, Strukturwandel oder geopolitischen Verwerfungen mit ausreichendem Fachpersonal zu begegnen. Dagegen steht der demografische
Wandel. Laut MINT-Report fehlen in Deutschland insgesamt über 333.000 Arbeitskräfte in diesem Bereich, also neben den Akademikern auch die Techniker, Meister und sonstigen gut ausgebildeten Fachkräfte.
Das alles zeigt: Der Fachkräftemangel ist für die Unternehmen der M+E-Industrie bereits zum größten Problem geworden. Laut aktueller ifo Konjunkturumfrage könnten 38 Prozent aller M+E-Unternehmen mehr produzieren, wenn sie geeignetes Personal finden würden. Gleichzeitig scheiden mit steigender Tendenz in kommenden Jahren jährlich 80.000 bis 100.000 M+E-Beschäftigte beziehungsweise 2 bis 2,5 Prozent der Belegschaft altersbedingt aus. Das heißt: Das Problem droht sich in den kommenden Jahren immer weiter zu verschärfen. Es ist auch klar, dass unter diesen Rahmenbedingungen generelle Arbeitszeitverkürzungen der völlig falsche Weg und geradezu kontraproduktiv wären.
Das ist mit dem aktuellen Nachwuchs aus Schulen und Ausbildungsbetrieben überhaupt nicht aufzuholen. Hier hilft nicht ein Instrument, nicht ein Weg allein. Erst wenn viele Maßnahmen im Rahmen einer Gesamtstrategie simultan ergriffen werden, hat die Industrie die Chance, dem Mangel an Arbeitskräften wirkungsvoll zu begegnen.
Die Nachfrage nach Personen mit einer MINT-Ausbildung ist nach wie vor hoch und wird sich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten weiter erhöhen. Um Herausforderungen wie den Klimawandel, die Energiewende und die Digitalisierung in der Industrie zu bewältigen, sind gerade MINT-Qualifikationen gefragt. Die Metall- und Elektro-Industrie gehört zu den Wirtschaftsbereichen mit der höchsten MINT-Beschäftigung in Deutschland. Rund 37 Prozent sind dort tätig. Jedoch verlieren die Unternehmen durch das Ausscheiden geburtenstarker Jahrgänge aus dem Arbeitsmarkt stetig Arbeitskräfte – und damit Innovationskraft und auch Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb ist die M+E-Industrie von einer MINT-Fachkräftelücke besonders betroffen.
Zukünftig wird sich diese Lücke vor allem bei den beruflich ausgebildeten MINT-Fachkräften noch deutlich verschärfen, wenn nicht zusätzliche Potenziale erschlossen und mehr junge Menschen für diese Berufe gewonnen werden. Der Anteil der Frauen sowohl bei den akademischen Berufen als auch bei den dualen Ausbildungsberufen ist viel zu gering. Auch die Rente mit 63 hat den Mangel bei den MINT-Beschäftigten weiter verschärft. Der erwartete Engpass bei den MINT-Akademikern hat sich durch die steigende Zahl der Studierenden und den steigenden Anteil der MINT-Studierenden in jüngster Zeit etwas verringert.
Einführung von verbindlichen bundesweiten Bildungsmindeststandards
Eine der wichtigsten Säulen für die aktuelle und zukünftige Fachkräftesicherung ist die Bildung und Förderung im MINT-Bereich. Die M+E-Berufe sind klassische MINT-Berufe, auch deshalb muss MINT kontinuierlich und nachhaltig als Baustein in den Bildungskarrieren junger Menschen verankert werden. Die hier vermittelten Kenntnisse und Qualifikationen bilden das Fundament für die Fachkräftesicherung der M+E-Industrie. Die Bildungstrend-Umfrage des Instituts zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB 2021) zeigt akuten Handlungsbedarf: Über 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler konnten am Ende der vierten Klasse einfache mathematische Aufgaben nicht lösen. Die Einführung von verbindlichen bundesweiten Mindeststandards würde gewährleisten, dass jedes Kind bestimmte Leistungsstandards erreicht, wenn es wichtige Schulabschnitte abschließt. An dieser Stelle müssen die Schulen deutlich stärker in die Pflicht genommen werden. Zugleich würde die Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern erhöht. Die M+E-Arbeitgeber sprechen sich ausdrücklich für die Verbesserung von Schul- und Unterrichtsqualität aus, denn das Schulsystem legt den Grundstein zur Ausbildungs- und Studienreife.
Ein weiteres zentrales Element in der MINT-Bildungskette ist die praktische Berufsorientierung. Eine frühzeitig beginnende und flächendeckende Berufsorientierung für alle Schulformen bietet Schülern die Möglichkeit, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen und so die eigenen Stärken und Schwächen zu erkunden. Eine realistische Vorstellung der Berufswelt führt zu einer besseren Berufswahlentscheidung. Weiterhin sollte auch die Praxisnähe gewährleistet sein. Praktika in Betrieben und in alltäglichen Arbeitszusammenhängen sollten während der Schulzeit mehr Raum als bisher einnehmen.
Ebenso muss in den Schulen mehr ökonomische Bildung stattfinden. Schülerinnen und Schüler brauchen ein frühes Verständnis von wirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Grundlagen und Zusammenhängen. Das Gleiche gilt für die Informatik. Angesichts der technologischen Entwicklungen und zukünftigen Anforderungen an MINT-Fachkräfte muss die Schulbildung mindestens informatische Grundbildung garantieren. In Deutschland gibt es keinen flächendeckenden oder verpflichtenden Informatikunterricht über mehrere Klassenstufen hinweg. So ist es in Deutschland als einem der wenigen Länder in Europa möglich, die Schule ohne informatische Grundbildung zu verlassen. Voraussetzung dafür ist und bleibt eine vernünftige Ausstattung aller Schulen mit IT-Infrastruktur und Hardware. Der im Koalitionsvertrag vorgesehene „Digitalpakt 2.0“ zur Anschlussfinanzierung des zeitnah auslaufenden „Digitalpakts Schule“ muss umgesetzt werden. Die bürokratischen Hürden für die Schulen, die der Ausschüttung der finanziellen Mittel vorausgehen, müssen drastisch reduziert werden.
Keine MINT-Lehrkräfte – kein MINT-Unterricht – keine MINT-Fachkräfte
Vor diesem Hintergrund wird ein besonders drängendes Problem in Zusammenhang mit dem Fachkräftemangel im MINT-Bereich deutlich: Der Lehrkräftemangel in sämtlichen Schulformen und über alle Klassenstufen hinweg. Hier müssen sich die Rahmenbedingungen für Studium und Lehrberuf dringend verbessern, damit das Lehramt wieder stärker nachgefragt wird. Gerade angehende MINT-Lehrkräfte finden in der freien Wirtschaft attraktive Angebote, mit denen die Schulen nicht mithalten können. Es droht ein Teufelskreis: Keine MINT-Lehrkräfte – kein MINT-Unterricht – keine MINT-Fachkräfte.
Die Unternehmen und Verbände der M+E-Industrie haben das Problem erkannt und arbeiten seit vielen Jahren daran, mit zahlreichen Projekten und Maßnahmen den Nachwuchs an MINT-Fachkräften für die Branche zu sichern. Herausragende Beispiele sind die vier folgenden von den M+E-Arbeitgebern ins Leben gerufenen oder mitgetragenen Initiativen:
- Bereits seit 1990 informieren die M+E-Arbeitgeber Schülerinnen und Schüler in Deutschland mit den M+E-InfoMobilen über die Ausbildungsmöglichkeiten in den technischen Berufen der M+E-Industrie. Von 2014 bis 2016 wurden die InfoMobile durch neue InfoTrucks ersetzt. Insgesamt zehn dieser hochmodernen Fahrzeuge sind seit Beginn des Jahres 2017 im Einsatz und stehen 2024 vor einer weiteren spannenden Neuerung.
- Unter der Marke think ING. informieren die M+E-Verbände Schülerinnen, Schüler und Studierende über MINT-Studiengänge, das Studium und die Berufsbilder im Ingenieurwesen. Die Plattform wird derzeit überarbeitet und um viele neue Tools und Informationen ergänzt. Eine neu entwickelte App erlaubt ab Ende 2023 den mobilen Zugang.
- Die M+E-Verbände fördern das nationale Excellence-Netzwerk MINT-EC, bestehend aus Gymnasien mit ausgeprägtem Profil in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Es wurde im Jahr 2000 von den Arbeitgebern gegründet und arbeitet eng mit deren regionalen Bildungsinitiativen zusammen. MINT-EC bietet ein breites Veranstaltungs-, Förder- und Vernetzungsangebot für Schülerinnen und Schüler sowie Fortbildungen und fachlichen Austausch für Lehrkräfte und Schulleitungen. Das Netzwerk mit derzeit 338 zertifizierten Schulen mit rund 350.000 Schülerinnen und Schülern sowie 29.500 Lehrkräften steht seit 2009 unter der Schirmherrschaft der Kultusministerkonferenz der Länder (KMK).
- Eine weitere Initiative der M+E-Arbeitgeber ist das größte europäische MINT-Lehrkräftenetzwerk Science on Stage. Im Fokus steht die Entwicklung innovativer Lehr- und Lernideen und der Austausch. Mehr als 25.000 Lehrkräfte nutzen bereits die Unterrichtsmaterialien, die Qualifizierungsangebote für Primar- und Sekundarstufe oder besuchen eine von über 20 Lehrkräftefortbildungen.
Keine Frage: Es wird eine große und gleichwohl notwendige Kraftanstrengung, eine gigantische Herausforderung für Unternehmen, Politik und Gesellschaft. Sie kann aus Sicht von Gesamtmetall aber nur gelingen, wenn die folgenden acht Kernforderungen erfüllt werden:
Forderung 1
BILDUNGSSYSTEM NEU AUFSTELLEN
Fachkräftesicherung beginnt bereits im Kindergarten und in der Schule. Doch das Bildungssystem in Deutschland steht im internationalen Vergleich denkbar schlecht da, und die Situation verschlimmert sich weiter, auch angesichts der wachsenden Lehrkräftelücke. Dies widerspricht eklatant dem durch das Bundesverfassungsgericht allgemein zuerkannten Grundrecht auf schulische Bildung. Es ist höchste Zeit, das Bildungssystem schnell und nachhaltig dazu zu befähigen, ausbildungs- und studienreife Schüler hervorzubringen. Dies kann nur gelingen, wenn den Schulen verbindliche Mindestbildungsstandards vorgegeben und die Ergebnisse geprüft und transparent gemacht werden.
Besonders kritisch ist aus Sicht von Gesamtmetall, dass es keinen flächendeckenden Informatikunterricht gibt: So ist es in Deutschland als einem der wenigen europäischen Länder möglich, die Schule ohne informatische Grundkenntnisse zu verlassen. Dies ist angesichts des Tempos der Digitalisierung in Gesellschaft und Arbeitsmarkt völlig inakzeptabel.
Auch muss die Digitalisierung an den Schulen selbst erheblich beschleunigt werden. Dazu müssen nicht nur die Prozesse zur Abrufung der Mittel aus dem DigitalPakt (Bildungsministerium) vereinfacht werden, sondern auch die im Koalitionsvertrag versprochene Verlängerung der Förderung – Digital-Pakt 2.0 – zügig auf den Weg gebracht werden.
Forderung 2
DUALE AUSBILDUNG STÄRKEN
Auch zwei Jahre nach der Pandemie bleibt die Situation am Ausbildungsmarkt herausfordernd. Die Ausbildungszahlen erholen sich zwar langsam, dennoch bleiben die abgeschlossenen Neuverträge immer noch hinter dem Niveau von 2019 zurück. Immer weniger junge Menschen interessieren sich für eine betriebliche duale Ausbildung. Gleichzeitig zeigt sich ein Trend zu höheren Schulabschlüssen und einer akademischen Laufbahn – mit negativen Folgen gerade für die Fachkräfte mit mittleren Qualifikationen, die den Großteil der Belegschaften der M+E.-Unternehmen ausmachen.
Um die Attraktivität einer Berufsausbildung zu erhöhen, muss das Bewusstsein in der Gesellschaft hinsichtlich der gleichwertigen Chancen von akademischer und beruflicher Bildung gestärkt werden. Dies muss eine zentrale Botschaft der Berufsorientierung an allen Schulen werden.
Zugleich müssen zukünftig alle Potenziale für den Ausbildungsmarkt adressiert werden, besonders auch junge Menschen, die sich nicht unmittelbar für ein Studium entscheiden, aber ansonsten noch unorientiert sind. In dieser Übergangszeit nach der Schule muss eine gezielte Berufsorientierung ansetzen und insbesondere auch Praktika anbieten.
Deshalb begrüßt Gesamtmetall, dass durch den aktuellen Gesetzentwurf zum Weiterbildungsgesetz außerschulische Praktika gefördert werden sollen.
Zudem wurde der Forderung von Gesamtmetall nach Mobilitätshilfen für den ländlichen Raum entsprochen und die Ausbildungsgarantie in Form einer außerbetrieblichen Ausbildung auf einen engen Personenkreis beschränkt, womit der betrieblichen Ausbildung klar Vorrang eingeräumt bleibt.
Forderung 3
ARBEITSZEIT FLEXIBLER GESTALTEN
Die Möglichkeit (zeitlich) flexibel zu arbeiten, gehört für viele Beschäftigte zu einem der wichtigsten Gründe, warum sie sich für einen Job entscheiden oder nicht. Aber genau hier ist Deutschland international nicht wettbewerbsfähig. Unser Land leistet sich noch immer ein viel zu starres Arbeitszeitgesetz, das Unternehmen und Beschäftigten wenig Spielraum gibt.
Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise abends um 23:00 Uhr noch einmal die E-Mails checkt, weil zuvor die Kinderbetreuung gesichert werden musste, dürfte er nach der geltenden Ruhezeitregelung von elf Stunden am nächsten Morgen nicht vor 10:00 Uhr seinen Arbeitstag beginnen. Für die allermeisten Beschäftigten geht dies komplett an ihrer Lebensrealität vorbei.
Deshalb fordern die M+E-Arbeitgeber, die gesetzlichen Regelungen sollten den Tarifvertragsparteien so viel Spielraum geben, wie die europäische Arbeitszeitrichtlinie zulässt. So müssen zum Beispiel die Regelungen zur Höchstarbeitszeit im Einklang mit der Arbeitszeitrichtlinie von einer Tageshöchstarbeitszeit auf eine Wochenhöchstarbeitszeit umgestellt werden. Nur dann können von den Tarifvertragsparteien passgenaue Regelungen vereinbart werden, die – entweder über eine Erhöhung des Volumens oder der Flexibilität – den Unternehmen helfen, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Keiner soll deswegen länger arbeiten müssen, aber die Arbeit besser innerhalb der Woche verteilen dürfen.
Flankierend muss die geltende Ruhezeitregelung mit einer unbeschränkten Öffnungsklausel für die Tarifpartner erweitert werden. Dies sind gebotene Maßnahmen, um den Unternehmen Flexibilität zu bieten. Flexibilität, die aufgrund des Fachkräftemangels dringend benötigt wird.
Forderung 4
ARBEITSZEITVOLUMEN ERHÖHEN
Die Unternehmen benötigen derzeit das gesamte zur Verfügung stehende Arbeitszeitvolumen, um dem Fachkräftemangel entgegenzutreten. Forderungen nach einer Absenkung der Arbeitszeit – teilweise sogar mit Lohnausgleich – sind deshalb nicht zielführend. Stattdessen muss alles dafür getan werden, das Arbeitszeitvolumen langfristig mindestens stabil zu halten und dort, wo es Unternehmen und Beschäftigte gemeinsam miteinander vereinbaren, auch zu erhöhen.
Zwar bieten die Tarifverträge der Metall- und Elektro-Industrie schon heute vielfältige Möglichkeiten, die Arbeitszeit individuell und auch kollektiv anzupassen – auch nach unten. Für den einzelnen Arbeitnehmer gibt es neben dem gesetzlichen Anspruch auf Teilzeit eine vorübergehende verkürzte Vollzeit. Genauso kann er, wenn er es wünscht und der Bedarf vorhanden ist, seine Arbeitszeit verlängern.
Es gibt also für den Arbeitnehmer – neben der gesetzlichen Teilzeit – eine Bandbreite von 28 bis zu 40 Stunden pro Woche, in der er seine Arbeitszeit individualisieren kann. Immer natürlich mit der entsprechenden Anpassung des Entgelts.
Forderung 5
RENTE MIT 63 ABSCHAFFEN
Die „abschlagsfreie Rente mit 63“ war ein Fehler und muss dringend wieder abgeschafft werden. Sie sorgt jährlich für das vorzeitige Ausscheiden Hunderttausender Beschäftigter. Dabei können vor allem ältere Beschäftigte einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung des Fachkräftemangels leisten.
Auch aufgrund ihres jahrelangen Erfahrungsschatzes haben die Unternehmen ein Interesse daran, ihre älteren Beschäftigten so lange wie möglich zu halten. Derartige Frühverrentungsanreize müssen daher konsequent abgeschafft werden. Allein im Jahr 2020 sind bei der Deutschen Rentenversicherung Bund etwa 260.000 Anträge auf die „Rente mit 63“ eingegangen. Seit Inkrafttreten der Regelung haben damit insgesamt bereits 1,7 Millionen Beschäftigte den Antrag auf vorzeitigen Renteneintritt gestellt. Und die Beitragszahler müssten allein bis 2035 fast 140 Milliarden Euro zusätzlich bezahlen. Dieser Irrweg muss gestoppt, und gegenläufige Maßnahmen müssen ergriffen werden.
Angesichts der demografischen Entwicklung muss zudem über einen späteren Renteneintritt gesprochen werden. Um das Verhältnis von Arbeitsjahren und Rentenbezugsjahren in etwa konstant zu halten, muss klares rentenpolitisches Ziel die Anhebung des Rentenzugangsalters sein. Obwohl die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag geregelt haben, dass es in dieser Legislaturperiode keine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben wird, hat Gesamtmetall es geschafft, die zwingend notwendige Diskussion darüber anzustoßen.
Forderung 6
ZUWANDERUNG ERLEICHTERN
Obwohl der steigende Fach- und Arbeitskräftebedarf nicht systematisch und dauerhaft allein durch Erwerbsmigration gesichert werden kann, ist die Fachkräftezuwanderung insbesondere aus Drittstaaten eine wichtige Säule zur Bekämpfung des Fachkräftemangels.
Leider ist die Attraktivität Deutschlands für ausländischen Fachkräfte gerade aus Drittstaaten durch überbordende Bürokratie, langwierige Visaverfahren, komplexe Behördenstrukturen in Bund und Ländern, zu hohe Gehaltsschwellen sowie die deutsche Sprache stark eingeschränkt. Die im März 2023 vorgelegten Reformpläne der Ampelkoalition zur Weiterentwicklung der Erwerbsmigration von Fachkräften aus Drittstaaten gehen hier nicht weit genug: Die Einführung weiterer Visaformate und Einwanderungspfade wird eher zu weiteren Verzögerungen führen. Stattdessen sollte durch klarere Strukturen, mehr Personal und vor allem eine flächendeckende Digitalisierung für eine deutliche Beschleunigung der Prozesse und eine Entlastung der Behörden gesorgt werden.
Zudem brauchen wir dringend die Aufhebung des Zeitarbeitsverbots für Drittstaatenangehörige: Durch eine Vorprüfung der rechtlichen Bedingungen im Ausland, die Übernahme der Visabürokratie und gegebenenfalls der Vermittlung grundlegender Deutschkenntnisse könnten gerade kleine und mittlere Unternehmen bei der Gewinnung dieser Fachkräfte erheblich entlastet werden.
Forderung 7
DIGITALISIERUNG UND AUTOMATISIERUNG NUTZEN
Die Digitalisierung wird Wirtschaft und Gesellschaft als Megatrend auch in Zukunft weiter ihren Stempel aufdrücken. Sie bietet gleichzeitig enorme Potenziale zur Steigerung der Produktivität. Die deutsche M+E-Industrie ist Vorreiter bei der Entwicklung und Nutzung von digitalen Technologien und Automatisierungstechnik. Zudem arbeitet jeder fünfte M+E-Beschäftigte regelmäßig mobil.
Von zentraler Bedeutung ist aber, die richtigen infrastrukturellen Voraussetzungen für die Entwicklung und Nutzung von datenbasierten Geschäftsmodellen und Produkten sowie von digitalisierten Prozessen, Robotik beziehungsweise Cobots und weiteren Werkzeugen vorzufinden.
Trotz Fortschritten in der Breitbandversorgung liegt der Anteil der Glasfaseranschlüsse in Deutschland weiterhin deutlich unter dem Schnitt der OECDLänder. So gelingt es bislang den meisten der Unternehmen nicht, die Voraussetzungen für eine strukturierte Datenbewirtschaftung zu schaffen. Der in der Gigabitstrategie des Bundes beschlossene Ausbau der Glasfaserinfrastruktur einschließlich des Mobilfunks neuester Generation muss daher mit hoher Priorität fortgesetzt und beschleunigt werden. Zudem müssen die öffentlich geförderten Forschungsinstitute und -projekte viel stärker auf die Anwendung und Implementierung digitaler Technologien in der Praxis ausgerichtet sein.
Forderung 8
BERUFSORIENTIERUNG AUSBAUEN
Die meisten Jugendlichen fühlen sich heute nicht mehr ausreichend über ihre beruflichen Möglichkeiten informiert, kennen ihre eigenen Stärken nicht und wissen wenig über Berufsbilder. Das führt zu einer großen Unsicherheit, welche Berufe überhaupt zu ihnen passen. Deshalb gehört die ausführliche Berufs- und Studienorientierung, verbunden mit fundierten Kenntnissen betrieblicher Abläufe und Berufsbilder, zwingend in die Rahmenlehrpläne für alle Schulformen.
Nur eine realistische Vorstellung von der Berufswelt kann zu einer fundierten Berufswahlentscheidung führen, die den Wünschen und Talenten der Jugendlichen Rechnung trägt. Hierzu ist insbesondere der MINT- und Wirtschaftsunterricht besonders geeignet. Grundsätzlich sollte aber bei allen Schulfächern eine viel stärkere Verknüpfung zur Lebenswirklichkeit der Jugendlichen hergestellt werden.
Die Sinnfrage vieler Schüler, wozu man die Unterrichtsinhalte eigentlich in der Zukunft braucht, kann immer auch für die Berufsorientierung genutzt werden. Außerdem sollte auch den Berufspraktika deutlich mehr Raum in allen Schulformen gegeben und versucht werden, dazu auch ein Netzwerk mit der regionalen Wirtschaft aufzubauen.