Gesamtmetall-Präsident Dr. Stefan Wolf in der NOZ zum Nationalen MINT-Gipfel:
„Wir haben in der Metall- und Elektro-Industrie viele gute Jobs mit ganz viel Perspektive. Unsere Unternehmen brauchen dringend junge Leute, die sich verwirklichen und Leistung bringen wollen. Und sie müssen möglichst gut qualifiziert sein. Aber nicht zuletzt die PISA-Ergebnisse haben uns drastisch vor Augen geführt, dass bei uns etwas aus dem Ruder läuft. Wir sind mitten in einer Bildungskrise. Wir haben unsere Schulen und Hochschulen massiv vernachlässigt und es fehlt an Leistungsbereitschaft. Statt zu lernen und Leistung zu belohnen, diskutieren wir lieber über die Abschaffung von Urkunden bei den Bundesjugendspielen oder ob im Jugendfußball Tore nicht mehr gezählt werden. Das ist ein kompletter Irrweg, der mit großem Kompetenzverlust einher geht.
Aus meiner Sicht können wir echte Verbesserungen in unserem Bildungssystem nur erreichen, wenn wir verbindlich zu erfüllende Mindestbildungsstandards für alle Schülerinnen und Schüler einführen. Ziel muss es sein, dass beim Lesen, Schreiben und Rechnen alle Schülerinnen und Schüler diese mindestens erreichen. Dafür werden wir viel mehr Geld in die Hand nehmen müssen als heute. Bildung ist für unsere Gesellschaft der Schlüssel zu allem und muss deshalb auch bei den Haushaltsdiskussionen absolute Priorität bekommen. Eine Zeitenwende ist auch in der Bildung überfällig.
Gleichzeitig spitzt sich die demografische Lage weiter zu. Jährlich scheiden über 64.800 MINT-Akademikerinnen und -Akademiker aus Altersgründen aus dem Arbeitsmarkt aus. In fünf Jahren werden es schon rund 74.000 sein, die zu ersetzen sind. Bei den MINT-Facharbeiterinnen und -Facharbeitern sieht die Lage nicht anders aus. Hier steigt er in fünf Jahren auf 272.000 Personen.
Besonders gravierend ist auch: Wir verletzen damit das Grundrecht auf ordentliche Bildung, dass das Bundesverfassungsgericht in einem wegweisenden Urteil Kindern und Jugendlichen zugestanden hat. Ich erwarte von der Politik im Bund und in den Ländern, dieses Recht ernst zu nehmen und endlich zu handeln. Das Startchancenprogramm, dass bis 2034 eine jährliche Förderung von Brennpunktschulen vorsieht, ist immerhin ein Anfang, eine echte Bildungswende ist davon aber nicht zu erwarten. Es braucht dringend Mindestbildungsstandards, die verpflichtend gelten, jährlich in jeder Klassenstufe bei sämtlichen Schülern überprüft und ausgewertet werden und die zu konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Bildungsqualität an jeder Schule führen, bis wir am Ziel sind. Denn nur was man misst, kann man verbessern.“